Die Infantin trägt den Scheitel links

Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html); Autor: Reinhard Ehgartner; Antiheimatliteratur reloaded oder Aschenputtel schlägt zurück - grinsend, hinterhältig, rückhaltlos. (DR) Eine "Infantin" im Titel verweist auf das Machtgefüge familiärer Beziehungsmuster. Allerdings geht es hier keineswegs um Scheitelmode, vielmehr um Holzscheite, die in geringer Flughöhe auf dem heimischen Bauernhof ordentlich zwischen den Beteiligten hin und her fliegen. Die Spielregeln sind klar: Jeder gegen jeden - wer zögert, verliert. Aus kindlicher Ich-Perspektive und ausgestattet mit dem analytischen Röntgenblick eines Oskar Mazerath berichtet ein Mädchen vom Kriegsschauplatz Familie zwischen einer bigotten Mutter, einem alkoholgesteuerten Vater, Großeltern auf ihrem Weg in die Ewigkeit und den verschlagenen Hyänenschwestern. Besser man wartet nicht die nächsten Angriffe ab, sondern wird selbst aktiv. Was an Schrecklichkeit passieren kann, passiert. Nur keine halben Sachen. Ein Stoff wie aus der Antiheimatliteratur, der sich jederzeit auch als Horrorfilm inszenieren ließe, wird in der Sprachgewalt der Autorin zu einem bitterbösen Bilderteppich, hinter dessen aggressiven Szenerien zugleich auch Sehnsüchte und Ängste hervorleuchten. Das Buch lebt aus dem spannenden Gegensatz des alltäglichen Schreckens und seiner kraftvoll-originellen Sprache voller Assoziationen und Witz, was dem Geschehen über weite Strecken surreale Dynamik verleiht. Ein Tonfall, der einem lange nachgeht. - Ein bemerkenswertes Debüt einer jungen Salzburger Autorin.